In diesem Bereich wollen wir Ihnen kurz schildern, wie wir bei der endoskopischen Kastration einer Hündin vorgehen.
Die endoskopische Kastration ist ein sogenanntes minimalinvasives Operationsverfahren, das heißt dem operierten Tier werden nur sehr kleine Wunden zugefügt, die in aller Regel komplikationslos verheilen. Wie auch in der Humanmedizin, sind so operierte Hunde sehr schnell wieder voll belastbar, beziehungsweise müssen nicht zwei Wochen ruhig gehalten und geschont werden (wie bei der konservativ erfolgten Operation mit Bauchschnitt).
Doch wie erfolgt diese Operation?
Vor einer Laparoskopie (Endoskopie der Bauchhöhle) darf der Hund 12 Stunden keine Nahrung aufgenommen haben und sollte 4 Stunden nichts getrunken haben. Am OP-Tag kommen Sie nach einem kurzen Spaziergang, damit der Hund seine Blase und den Enddarm entleeren konnte zu uns. Nachdem wir durch eine kurze Untersuchung die Operationsfähigkeit festgestellt haben, erhält Ihre Hündin eine Beruhigungsspritze. Diese lässt sie nicht nur cooler werden, sonder führt auch dazu, dass sie wesentlich weniger Narkosemittel für die Vollnarkose braucht. Nach ungefähr 15 Minuten (in denen Sie bei ihr bleiben) bekommt sie einen Venenzugang gelegt, durch welchen dann die Narkose eingeleitet wird. Erst jetzt, wo die Hündin nichts mehr mitbekommt, übergeben Sie sie ganz in unsere Fürsorge. Sie wird intubiert (d.h. eine Art Schlauch wird in die Luftröhre eingeführt) und die Narkose wird mit einem Narkosegas, das in der Humanmedizin für Risikopatienten verwendet wird, aufrecht gehalten. Dabei überwachen wir den Herzschlag, die Atmung, den Sauerstoffgehalt im Blut und den CO2-Gehalt der ausgeatmeten Luft. Dieses Monitoring und die sehr gute Steuerbarkeit der Inhalationsnarkose lassen das Narkoserisiko minimal werden. Die Hündin wird dann zur OP vorbereitet, das heißt der Bauch wird rasiert, gesäubert und desinfiziert. Das Operationsgebiet wird mit einer sterilen Folie abgeklebt und dann geht´s los:
Mit einer sogenannten Veress-Nadel, einer Spezialkanüle, wird die Bauchhöhle punktiert. Durch diese Kanüle wird dann medizinisches (d.h. hochgereinigtes) Kohlendioxyd in die Bauchhöhle geleitet, der Bauch sozusagen aufgepumpt, damit die Bauchdecke eine Art Kuppel bildet. Durch zwei kleine Löcher werden dann Operationstrokare in die Bauchhöhle eingeführt. Das sind kleine Rohre (1 x 0,5 cm 1 x 1 cm Durchmesser) mit Ventilen, durch die dann die Endoskopieoptik und die Instrumente eingeführt werden können, ohne dass das Gas aus der Bauchhöhle entweicht. Dann wird mit der Optik, welche über eine Kamera das Bild auf einen Monitor überträgt, die Bauchhöhle und vor allem die Gebärmutter inspiziert. Wenn diese verändert ist, kann es nötig sein sie zu entfernen. Mittlerweile können wir auch in diesem Fall die OP endoskopisch zu Ende führen und müssen sie nicht wie früher abbrechen und zu einer konservativ geführten OP übergehen. Normalerweise aber werden dann nacheinander beide Eierstöcke aufgesucht und deren Blutgefäßversorgung unterbunden. Seit Ende 2011 nutzen wir hierfür das Ligasure-System, ein elektronisch gesteuertes, elektrochirugisches Gefäßversiegelungsystem, bei dem wir die Eierstocksgefäße und -aufhängung in einem Arbeitsschritt versiegeln und durchtrennen können. Nachdem die Schnittstellen auf Blutungen kontrolliert wurden, wird das Kohlendioxyd aus der Bauchhöhle abgelassen, die Trokare entfernt und die zwei kleinen Löchlein in der Bauchdecke mit sich selbst auflösenden Fäden vernäht. Die Operation ist beendet, das Narkosegas wird abgestellt und die Hündin noch einige Minuten mit reinem Sauerstoff beatmet. Anschließend kommt sie in eine Aufwachbox wo sie, während sie langsam aufwacht, warmgehalten wird. Noch am gleichen Tag dürfen Sie sie wieder abholen und sie werden erstaunt sein, wie schnell sie wieder fit ist.

   m Bild sehen Sie das OP-Team bei der Darstellung des rechten Eierstocks. Die Hündin ist dazu mithilfe eines kippbaren OP-Tisches um ca. 40° nach links gekippt. Das führt dazu, dass die Baucheingeweide nach links ausweichen und der Eierstock einfacher aufzufinden und besser zu sehen ist. Um das Monitorbild besser erkennen zu können, ist der Raum dazu abgedunkelt (wir haben nur für dieses Foto kurz das Licht angemacht). Besonders wichtig ist das gute Verständnis zwischen Operateur und Kameraführung, da diese praktisch die Augen des Operierenden führt.
Im Bild links sehen Sie den rechten Eierstock einer Hündin (roter Pfeil), der in der Eierstockstasche liegt, das vordere Halteband des Eierstocks (grüner Pfeil) und das rechte Gebärmutterhorn mit mit dem breiten Uterusband (blauer Pfeil). Die beiden gelben Pfeile zeigen die beiden Haltezangen. Mit der im Bild unten liegenden wurde das Uterushorn aufgesucht. Die schwarze Haltezange bleibt die ganze Zeit an dieser Stelle. Mit dieser Zange wird der Eierstock auch aus der Bauchhöhle entfernt, nach dem die Gefäße koaguliert und der Aufhängeapparat und die Gebärmutter durchtrennt worden sind.

Das ist der Zustand nach der OP:
Die zwei kleinen Löcher in der Bauchdecke sind verschlossen, die Hautschnitte mit einer resorbierbaren Intracutannaht genäht. Sicherheitshalber behandeln wir die Schnitte zusätzlich mit einem transparenten Gewebekleber

Vorteile der endoskopischen Kastration:
  • Wesentlich schnellere Rekonvaleszens (Erholungszeit).
  • Weniger Schmerzen nach der Operation: aus der Humanmedizin weiß man, dass der Wundschmerz durch die kleinen Einschnitte wesentlich geringer ist, als bei großen Schnitten. So brauchen endoskopisch operierte Hunde in der Regel zu hause keine weiteren Schmerzmittel. Konservativ operierte Hunde in der Regel 3 – 5 Tage lang.
  • Mit den geringeren Schmerzen vermindert sich auch die Gefahr des Beleckens der Wunden stark. Und selbst, wenn geleckt wird, besteht nicht die Gefahr, dass die ganze Bauchdecke aufgeht.
  • Ein 14-tägiger Leinenzwang, wie bei konservativ kastrierten Hündinnen ist nicht nötig.
  • Die Hündin muss normalerweise nicht zur Nachkontrolle nach drei Tagen kommen, es müssen auch keine Fäden gezogen werden.
Nachteile der endoskopischen Kastration:
  • kommt es während der Operation zu stärkeren Blutungen in der Bauchhöhle, muss die Endoskopie abgebrochen werden und konservativ weiteroperiert werden. Da der Hund aber genauso wie zu einer normalen Bauchhöhlen-OP vorbereitet ist, würde das kein Problem darstellen – es wäre nur ärgerlich. (Dies ist ausdrücklich im Konjunktiv geschrieben, wir haben noch kein einziges mal aus diesem Grund eine endoskopische Kastration abbrechen müssen)
  • Da sowohl der gerätetechnische (Endoskopieausrüstung, Gasverbrauch) als auch der personelle Aufwand höher ist (ein Tierarzt führt die Kamera, ein anderer bedient die Instrumente, eine sterile Tierarzthelferin assistiert, eine unsterile Helferin bedient die Geräte – also 4 Personen gegenüber einem Tierarzt mit einer Helferin bei der konservativen Variante), kostet die endoskopische Kastration ca. 100 € mehr als die übliche, konservativ durchgeführte Kastration inklusive Nachbehandlung.

Als vor ca. 20 Jahren die Endoskopie in der Humanmedizin Einzug hielt, waren viele Chirurgen anfangs skeptisch. Argumente wie „der Schnitt heilt von Rand zu Rand und nicht von vorne nach hinten“, „der Wundschmerz ist doch nicht so schlimm“ (eigntlich nur von Chirurgen angeführt, die selbst noch nie operiert worden sind), „man muss da mit den Händen rankommen“ oder noch besser „große Chirurgen, große Schnitte“ hört man heute nur noch selten. Viele Operationen, wie zum Beispiel an der Gallenblase oder auch an den Eierstöcken werden heute fast nur noch endoskopisch durchgeführt. Die Liegezeiten der Patienten konnten damit stark verkürzt werden und die operierten Personen leiden deutlich weniger unter Wund- und später Narbenschmerzen.